Auch nicht den meisten. Das ist eben sehr individuell. Körperliche Überlegenheit hat unserer Gesellschaft keinen Mehrwert mehr.
Sie wird zwar nicht mehr geschätzt, aber das heißt nicht, dass sie gar keinen Mehrwert mehr hat. Am unteren Ende der Lohnpyramide gibt es weiterhin eine ganze Menge Jobs, die körperliche Leistungsfähigkeit voraussetzen - Bau komplett (inkl. Sonderformen wie Ölindustrie und Arbeitstaucher), ein ansehnlicher Teil des Handwerks, Transport von Möbelträger bis Lager und Spedition. Militär, Forstwirtschaft, Rettungs- und Sicherheitsbereiche, etc. sowieso. Zwar sind Frauen da nicht ausgeschlossen, aber im Schnitt physisch benachteiligt - wenn von 100 Männern 60-70 den Job kriegen könnten, sind es von 100 Frauen nur 30-40. Dazu kommen karrieretechnisch verwandte Berufe - eine Ausbildung ist attraktiver, wenn man nicht von vorneherein nur auf einen Teil der möglichen Berufsbilder eine realistische Chance hat. Die wenigstens, die sich im Sicherheitsbusiness versuchen, träumen z.B. davon, bis 50 Türsteher an der Disco zu machen. Aber es ist ein Plan B, wenn man nicht 1,60 m klein, 55 kg leicht und schon im Alltag mit mangelndem Respekt durch einschlägige Zeitgenossen geplagt ist.
Und wer diesen gar nicht mal so kleinen Kreis von Jobs tendentiell meidet, hat auch keine Chance auf davon ausgehende Aufstiegschancen (darunter auch typische Selbstständigkeiten in eingen Sektoren). Zahlen habe ich noch keine gesehen, aber es würde mich nicht wundern, wenn physisch Schwächere im Zugang zu bis zu 10% aller Tätigkeiten benachteiligt sind, da sie einfach schlechtere Qualifikationen mitbringen. Und das heißt umgekehrt natürlich auch, dass Mitglieder dieser Gruppe, überwiegend aus Frauen bestehend, 10% mehr Konkurrenz durch Leidensgenossen bei allen anderen Jobs haben. Und überall da, wo sich Bewerberüberschuss um Jobs prügelen, freut sich der Arbeitgeber auf die Lohnverhandlungen.
Dann stellt sich für mich die Frage warum sind die meisten Drahtzieher Männer?
Erster Faktor: Historische Entwicklung von Rollenbildern. Die hochrangigen Drahtzieher sind alles etwas älter. Geburtsjahrgang 60er, bestenfalls 70er. Selbst die wenigen, die jünger sind, wurden von der Generation ausgewählt, die aus den 50ern stammt (zur Tradierung: siehe unten). Alles Jahrgänge, in denen Frauen sowohl in technischen als auch wirtschaftlichen und erst recht naturwissenschaftlichen Ausbildungswegen extrem unterrepräsentiert waren - also sind sie es auch unter den Bewerbern für die Spitzenpositionen der anknüpfenden Karrierelaufbahnen. Ich saß Ende der 0er mal in einer W3-Berufungskommission, Bewerberquote 40:1. Da ist bei fairer Auswahl nun wirklich kein 50:50 Verhältniss bei den besetzten Stellen zu erwarten.
Zweiter wichtiger Faktor meiner Beobachtung nach ist aber, dass es gar keine faire Auswahl gibt. Sondern Klüngelei.
Jede einzelne höhere Position/mit auch nur mittlerer Führungskompetenz versehen Position, bei der ich Einblicke in die Vergabe bekommen habe, witterte meilenweit gegen den Wind nach persönlichen Aspekten als schwerwiegenderm Kriterium gegenüber Kompetenz und Qualifikation. Wer !kennt! wen? Wem !vertraut! man, den Job zu meistern? Was !glaubt! man, was wer für Eigenschaften hat?
Und 99,9% der entsprechenden Beziehungen/Eindrücke werden nicht beim Bewerbungsgespräch geknüpft, sondern lange vorher. Oft genug werden die Stellen gar nicht ausgeschrieben, sondern angeboten/via Buschfunk vermittelt. Und wo entstehen solche Netzwerke? In der Kneipe, im Golfclub, viel zu oft immer noch in Burschenschaften, teilweise im Sandkasten oder Jugendsportverein. Alles Institutionen, zu denen Frauen traditionell weniger Zugang haben oder in denen Frauen und Männer getrennt respektive nicht auf Augenhöhe agieren.
Ergebnis: Wo Männer in Führungspositionen sind (und das ist historisch bedingt überall so gewesen), stellen sie bevorzugt Männer ein. (Vermutlich werden umgekehrt Frauen bevorzug Frauen einstellen und dann spielen [insert Klischee here] auf einmal eine Rolle bei der Klüngelbildung. Untersuchungen dazu kenne ich aber noch nicht.)
Allerdings muss man auch ganz klar sagen, dass dies eben keine sexistische Diskriminierung ist, sondern Vetternwirtschaft. Zwar sind i.d.R. 100% der weiblichen Bewerber auf eine hochrangige Position nicht in der Burschenschaft des entscheidenden gewesen, aber 99% der männlichen Bewerber waren es auch nicht. Die werden alle gleich diskriminiert. Wenn eine der Bewerberin die Tochter des Fechtbruders ist, hat die ggf. sogar bessere Chancen, als alle männlichen Bewerber.
Deswegen sorgen Frauenquoten ja auch nur für mehr Ungerechtigkeit: In der Kombination aus Faktor 1 und Faktor 2 hat man unter 100 Bewerbern beispielsweise 20 B-Wahl-Frauen, 75 B-Wahl-Männer und 5 (durchweg männliche) Kandidaten, mit etwas besseren Aussichten. Eine Frauenquote rückt jetzt die 20 Frauen in die Nähe der 5 Typen mit Kontakten, nimmt dabei aber den 75 anderen Männern jegliche Chance.
Erschaffen habe wir das selber so. Das ist ein Ergebnis der nicht vorhandenen Gleichberechtigung. Bei den Jägern und Sammlern waren Frauen und Männer statistisch körperlich ebenbürtig, natürlich mit der großen Varianz innerhalb jeder Gruppe. Die Geschlechtsunerscheide waren relativ gering. Erst mit dem Besitz, mit der Sesshaftigkeit ging der Ärger los. Immer schon war es in unseren Gruppen so, dass Männer vor Ort bleiben und Frauen mobil weiter ziehen. Damit hatten sie aber kein Eingentum, kein Land. Das blieb beim Mannsvolk.
In dieser Zeit änderte sich die Ernährung der Gruppen massiv. Männer nahmen sich das wenige Fleisch und damit die Eiweis, Frauen bekamen weniger. In Folge änderte sich Größe und Muskelanteil. Das ist eine relativ junge Entwicklung. Sie ist Folge der Ungleichberechtigung, nicht Ursache. Da muss man klar trennen. "Wir wurden so erschaffen" bedeutet nur, dass Männer Fraun kurz gehalten haben und sich bevorzugt kleine und schwache aussuchten.
Es waren vor allem die monotheistischen Religionen, die Männer in der Vordergrund und Frauen in die zweite Reihe stellten. Darum ist Gleichstellung auch eine Emanzipation von archaischen Religionen. Ich z.B. bin Pastafarie und huldiger dem großen fliegendem Spaghettimonster. Die acht Glaubenssätze „Mir wär’s wirklich lieber, du würdest nicht …“ gestalten den Alltag sehr angenehm und gleichberechtigt.
Die Deutung von steinzeitlichen Geschlechterrollen: Belegen die archäologischen Funde tatsächlich eine eindeutige Rollenzuweisung?
scilogs.spektrum.de
Für Anthropologen war die Sache lange Zeit klar: In alten Gesellschaften jagten die Männer, während die Frauen sich um die Kinder kümmerten. Neue Funde offenbaren, dass diese Vorstellung wohl falsch war.
www.nationalgeographic.de
Die Aufteilung in Männer gleich Jäger und Frauen gleich Sammlerinnen hat sich lange Zeit als Narrativ durchgesetzt. Studien zeigen, dass diese strikte Rollenverteilung nicht der Realität entspricht – weder in der Vergangenheit noch heute.
www.nationalgeographic.de
Interessante Links. Allerdings lese ich da nirgendwo etwas von einer Verschiebung des weiblichen Körperbaus wegen männlichem Nahrungsdiebstahl. Das würde innerhalb deiner These auch keinen Sinn machen, denn solange die Frauen noch gleich stark waren, hätten sie sich ja gar nicht das Steak vom Teller äh Stein ziehen lassen.
Biologisch ist es dagegen so, dass sämtliche anderen rezenten Hominiden einen sogar noch weitaus stärken Geschlechtsdimorphismus zugunsten der Männchen haben, als
Homo sapiens und soweit ich es überblicke auch ein erheblicher Anteil der restlichen Primaten. Allgemein sind Säugetiere mit gleich gebauten Geschlechtern oder gar größeren Weibchen eine ziemliche Ausnahme. Aufgrund der dürftigen Fossilienlage wird man das vermutlich nur für wenige unserer Vorläuferarten exakt sagen können, aber dass Männer in der Steinzeit tendentiell größer waren, ist zumindest naheliegend. Definitiv hatten sie keine Schwangerschaften mit sich herumzuschleppen, was bei der Jagd von Vorteil sein dürfte. (Und man die extrem hohe Kindermortalität selbst in historischen Zeiten mit stabiler Nahrungsversorgung bedenkt, muss man für Jäger-Sammler-Gesellschaften wohl wenigstens von 10, eher aber 20 Schwangerschaften pro Frau ausgehen, damit die zur Artverbreitung nötigen 2-3 Nachkommen das fortplanzungsfähige Alter erreichen. Das heißt von Pubertät bis Menopause praktisch jährlich; wie viele Wochen eingeschränkte Jagdtauglichkeit / Jahr das bedeutet, kann sich jeder selbst ausrechnen.)
Das heißt nicht, dass das primitive Rollenbild "Mann Jäger, Frau Sammler" richtig wäre. Tatsächlich kenne ich dafür keinen einzigen rationalen geschweige denn archäologischen Anhaltspunkt abseits der eingeschränkten Wahlmöglichkeit unmittelbar vor und nach der Geburt. In einigen ursprünglich lebenden Völkern sowie bei sämtlichen zwischen sammel- und jagdbaren Nahrungsquellen wechselnden Tieren nutzt jedenfalls jeder das gerade leichter verfügbare Essen: Sammeln, wenn es viel zu sammeln gibt (selbst Wölfe ernähren sich bei guter Beerenverfügbarkeit teils über Wochen vegetarisch, von Bären ganz zu schweigen), jagen wenn das gemessen an den eigenen Fähigkeiten und der Wildverfügbarkeit der bequemere Weg ist. Und das ist er für stärkere Männer tendentiell etwas früher/häufiger, weswegen im NG-Link auch von "30-50%" Frauenanteil unter den Jägern die Rede ist - also eine leichte Überrepräsentierung von Männern. Einige Südseevölker haben es iirc aber sogar hinbekommen, dass Fischen zusätzlich auch noch Frauensache ist und Männer sich nur noch um militärisches und Entscheidungsfindung kümmern, wobei es auf kleinen Inseln eher selten Kämpfe gibt, dafür aber um so mehr zu palavern
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Monotheistische Religionen dagegen sind erst lange nach Durchzug des Patrichats entstanden und dieses wiederum, mutmaßlich, erst einige Zeit nach der neolithischen Revolution. Da war die Ganze Jäger & Sammler Gesellschaft schon lange Geschichte und die zu tradierende Arbeitsteilung lief eher auf "Anbauen & verarbeiten" hinaus - was zunächst einmal ein ausreichend großes Spektrum an Verarbeitungstätigkeiten voraussetzt.